Leistungen
St. Thomas e.V. und das Bundesteilhabegesetz
Das moderne Behindertenrecht unterteilt nicht länger zwischen ambulanten und stationären Angeboten, sondern hat zum Ziel, dass Menschen mit Beeinträchtigungen die jeweils individuell von ihnen benötigte Unterstützung zu einer gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft erhalten, unabhängig davon, wo und mit wem sie leben. Gleichzeitig wurde der früher angewandte Begriff der Stationären Einrichtung durch den der Besonderen Wohnform ersetzt. Er soll zum Ausdruck bringen, dass diese Form des Wohnens eine Ausnahme, d.h. eine Besonderheit, darstellen soll. Genau betrachtet wurde die mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes eigentlich aufgehobene Trennung damit weiterhin aufrechterhalten. Auch unterscheidet sich dieser Ansatz in keiner Weise von der schon seit einigen Jahren in Deutschland postulierten Prämisse: ambulant vor stationär.
Sieht man einmal davon ab, dass diese Forderung vorrangig von monetären Aspekten motiviert war, macht sie für sich betrachtet durchaus Sinn. Unter dem Blickwinkel des Ansatzes einer bedarfsgerechten Leistungserbringung und einer zielgerichteten Förderung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung oder seelischen Behinderung im Sinne der EU-Behindertenrechtskonvention, käme man auch ohne eine solche Maxime zum selben, und auch unter ethischen Gesichtspunkten vertretbaren, Ergebnis: Solange ein Mensch über jene Ressourcen verfügt, die ihn zu einer weitestgehend selbstständigen Lebensführung befähigen, wäre eine Betreuung im Rahmen einer besonderen Wohnform nicht nur nicht notwendig, es würde vielmehr die Gefahr bestehen, dass infolge des Settings vorhandene Fähigkeiten nach und nach verloren gingen. In ihrer Konsequenz ist die Forderung nach einer bedarfsgerechten Leistungserbringung letztlich nichts anderes, als die Anwendung des von Maria Montessori bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten pädagogischen Grundsatzes: „So viel Hilfe wie nötig, so wenig Hilfe wie möglich“.
Dieser Grundsatz aber entspricht seit je her auch der Philosophie, die St. Thomas prägt und die auch stets hinter den Leistungsangeboten von St. Thomas stand und steht. Infolgedessen deckt St. Thomas im Bereich der Betreuung und Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen zwischenzeitlich das gesamte Spektrum der komplementären psychiatrischen Versorgung ab. St. Thomas ist bestrebt, psychisch erkrankten Menschen die Art von Hilfe, die sie benötigen, in dem Umfang, in welchem sie sie benötigen, zu bieten. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für den Bereich Wohnen, sondern auch für den Bereich Arbeit und Beschäftigung – auch Tagesstruktur oder, nach dem Bundesteilhabegesetz, auch Förder- und Betreuungsbereich genannt. Aufgrund dessen, dass dass die Einrichtungen neben den Räumlichkeiten unserer besonderen Wohnformen auch die Angebote des Förder- und Betreuungsbereichs beinhalten, nutzen wir für unsere Einrichtungen im Übrigen hierfür gerne den geschichtlich begründeten Begriff der „Psychiatrischen Nachsorgeeinrichtungen“.
Aus der Gesamtheit der individuellen Bedarfe der betroffenen Menschen ergibt sich beinahe zwangsläufig die Notwendigkeit einer Vielzahl an unterschiedlichen Angeboten. Und so unterscheidet St. Thomas nicht nur zwischen den (ehemals) ambulanten Angeboten und den besonderen Wohnformen, sondern erbringt auch innerhalb der einzelnen Angebote die Assistenzleistungen so individuell und bedarfsgerecht wie möglich. Die von St. Thomas seit jeher gelebte Philosophie fand im Rahmen der Verhandlungen mit den Leistungsträgern der Eingliederungshilfe zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes nun auch ihre Verschriftlichung in detaillierten angebotsspezifischen Leistungsbeschreibungen mit Modulleistungen und inhaltlich differenzierten Leistungspaketen. Die uns anvertrauten Menschen erhalten in all unseren Leistungsangeboten die jeweils individuell benötigte Assistenz, Betreuung und Versorgung unter Wahrung von Menschenwürde und Selbstbestimmung – unabhängig davon, ob es sich um Assistenzleistungen im eigenen Wohnraum sowie im Sozialraum (AWS) oder um Leistungen im Rahmen einer besonderen Wohnform handelt.
Unsere Leistungsangebote:
- Besondere Wohnformen (Graben-Neudorf/Heidelberg/Schwetzingen)
- Förder- und Betreuungsbereiche (Graben-Neudorf/Heidelberg/Schwetzingen)
- Assistenzleistungen im eigenen Wohnraum sowie im Sozialraum – AWS (Heidelberg/Landkreis Karlsruhe/Oftersheim)
- Begleitetes Wohnen in Familien (Landkreis Karlsruhe)
- Jugendeinrichtung (Therapeutische Wohngruppe + Jugendwohngemeinschaft)
- Therapiezentrum Hammberger Hof